- 16.02.2023 - 08:50
Im Zahlungsverhalten der Schweizer Bevölkerung spielt Bargeld auch nach der Corona-Pandemie eine wichtige Rolle. 29 Prozent der täglichen Zahlungen werden bar bezahlt – und damit mehr als mit der Debitkarte (27 Prozent) oder der Kreditkarte (18 Prozent). Weitere 18 Prozent der Zahlungen erfolgen mit einem mobilen Gerät wie Mobiltelefon, Tablet oder Smartwatch. Dies umfasst einerseits Zahlungen direkt über das Bankkonto etwa mit TWINT, andererseits aber auch Zahlungen mit in einer App hinterlegten Kredit- oder Debitkarte wie bei Apple Pay oder Samsung Pay. Dies zeigt der zum sechsten Mal durchgeführte Swiss Payment Monitor der ZHAW School of Management and Law und dem Center for Financial Services Innovation der Universität St.Gallen. Für die Untersuchung wurden Ende 2022 rund 1450 Personen repräsentativ für die ganze Schweiz befragt. «Aufgrund der Aufhebung aller Coronamassnahmen ist das Einkaufsverhalten wieder ähnlich wie vor der Pandemie, und so auch zu grossen Teilen das Bezahlverhalten», erklärt Tobias Trütsch, Zahlungsökonom der Universität St.Gallen.
Am meisten Geld wird in der Schweiz mit der Kreditkarte ausgegeben: 27 Prozent des Umsatzes werden mit diesem Zahlungsmittel erzielt. Gar 34 Prozent Umsatzanteil sind es, wenn die mobilen Zahlungen per Kreditkarte mitgezählt werden. Diese haben bezüglich Anzahl und Umsatz im Jahr 2022 deutlich zugenommen. Zwar machen Zahlungen mit TWINT, welche meist direkt über das Bankkonto abgewickelt werden, noch immer rund die Hälfte der mobilen Zahlungen aus. Zahlungen per Apple Pay, Samsung Pay oder Google Pay haben aber relativ gesehen an Anteilen gewonnen. 28 Prozent der Umsätze werden über eine Debitkarte abgerechnet, während Bargeld gemessen am Umsatz mit einem Anteil von 17 Prozent Anteil auf dem dritten Rang folgt. «Bargeld wird vor allem für kleine Beträge bis 20 Franken verwendet, weshalb es zwar häufig eingesetzt wird, aber gemessen am Umsatz eine weniger wichtige Rolle spielt», sagt Tobias Trütsch.
Die Bargeldnutzung unterscheidet sich stark nach demografischen Merkmalen. Personen mit tieferer Bildung und niedrigerem Einkommen greifen häufiger auf Bargeld als Zahlungsmittel zurück. Während die unter 30-Jährigen bei 28 Prozent der Zahlungen Bargeld verwenden, sinkt dieser Anteil bei den 30 bis 44-Jährigen auf 24 Prozent, um danach mit dem Alter bis zu den über 60-Jährigen auf 38 Prozent zu steigen. Rund jede sechste Person in der Schweiz verzichtet mittlerweile gänzlich auf Bargeld. Diese Verhaltensweise ist mit zunehmendem Alter, höherem Einkommen sowie in der Deutschschweiz weniger verbreitet. Die durchschnittliche Menge Bargeld, die eine Person im Portemonnaie mit sich führt respektive zu Hause aufbewahrt, hat sich in der aktuellen Erhebung erstmals seit drei Jahren merklich erhöht. «Eine mögliche Erklärung für dieses Verhalten liegt in der für diesen Winter befürchteten Energiekrise, für die sich ein Teil der Bevölkerung eventuell mit höheren Bargeldreserven wappnen wollte», vermutet ZHAW-Zahlungsmittelexperte Marcel Stadelmann.
Mehr als jede dritte befragte Person hat schon mindestens einmal neue Onlinelösungen einer Neobank genutzt. «Der typische Neobanken-Nutzer ist männlich, jünger als 45 Jahre alt, gut gebildet und verfügt über ein Haushaltseinkommen von mehr als 9000 Franken», sagt Marcel Stadelmann. Zudem ist in der französischsprachigen Schweiz der Anteil Neobanken-Nutzer:innen mit 43 Prozent höher als in der restlichen Schweiz. Revolut wird am häufigsten verwendet (15 Prozent), gefolgt von den Schweizer Anbietern Neon (14 Prozent) und Credit Suisse CSX (11 Prozent). Yuh kommt eineinhalb Jahre nach Lancierung bereits auf einen Nutzungsanteil von 10 Prozent. 36 Prozent der Nutzer:innen von Neobanken verwenden deren Angebot als primäres Zahlungsmittel respektive als Hauptbankverbindung, das sind 7 Prozentpunkte mehr als vor einem halben Jahr.
Das Swiss Payment Research Center (SPRC) der ZHAW School of Management and Law und das Swiss Payment Behaviour Lab der Universität St.Gallen beschäftigen sich seit Jahren unabhängig voneinander mit Fragestellungen rund ums Thema Bezahlen. Gemeinsam führen sie seit 2018 jährlich und seit 2021 halbjährlich den Swiss Payment Monitor durch. Dieser war bei der Erstveröffentlichung die erste Schweizer Zahlungsstudie, die Konsumentenperspektive und makroökonomische Sicht verbindet. Durch die Kombination von Onlinebefragung und Tagebucherhebung sowie durch die Verknüpfung mit öffentlichen Daten der Schweizerischen Nationalbank (SNB) kann der tägliche Einsatz der Zahlungsmittel realitätsgetreu abgebildet werden. Insgesamt wurden 2022 von Ende Oktober bis Mitte November 1459 Personen im Alter zwischen 18 und 87 Jahren aus allen drei Landesteilen repräsentativ befragt. Die Studie wird finanziert durch die beiden Forschungsinstitutionen, die Branchenorganisation aller grossen Schweizer Herausgeber von Kreditkarten der internationalen Kartenorganisationen (Swiss Payment Association) sowie die Industriepartner Nets und Worldline.
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